Gewünscht ein Konzern BAB – Sprachen für Titel sind erst nach Funktionstest bekannt
Von 1973 bis1977 hatte ich das Glück als Analytiker Programmierer bei der LG Zug eine Halbtagestelle zu besetzen. Das Heimweh nach Computerluft war einfach viel zu gross und ich konnte nicht nur zu Hause bleiben.
Die Geschäftsleitung bestellte bei der Informatikabteilung einen Betriebsabrechnungsbogen. Der Betriebsabrechnungsbogen (BAB) bezeichnet ein Werkzeug, das im Rahmen der Kosten- und Leistungsberechnung insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen Verwendung findet. Er ist eine nachträgliche Kostenkontrollrechnung in der Form einer tabellarischen Kostenstellenrechnung.
Eigentlich eine recht einfache Sache zum programmieren. Eine Liste sollte mit mehreren Spalten und den entsprechenden Titel- und Total-Zeilen auf dem Drucker ausgegeben werden. Hier kam aber eine zusätzliche Herausforderung aufs Tapet. Der Informatikchef wusste nur, dass die Listen sicher in Deutscher und Englischer Sprache benötigt wurden, denn die Firma war international tätig. Dazu waren auch die Vorausgaben vorhanden. Man munkelte aber auch davon, dass Tochtergesellschaften in der Westschweiz sowie in Italien gegründet werden sollten. Da müsste man die BAB’s auch noch auf Französisch und Italienisch erstellen können. Und wie immer in der Informatikbranche, erwartete man in der Direktionsetage, dass die Applikation am liebsten schon gestern als erst morgen fertig sei.
Der Informatikchef sagte, ich solle mich mal an die deutsche Version machen, es gebe dann sicher noch mindestens 2 – 3 anderssprachige Programme zu erstellen. Die Programmiersprache war Assembler wie meistens bis anhin. Dabei musste man jedes Textfeld, das gedruckt werden sollte, vorher als Textkonstante definieren. Die konventionelle Methode mit je einem Programm pro Sprache gefiel mir aber gar nicht; das wäre eine reine Fleissarbeit gewesen, die 4 identischen Programmabläufe zu schreiben. Da ich immer alles perfekt machen wollte und auch heute noch will, dachte ich mir eine andere Methode aus.
So schrieb ich also ein Programm, das in allen Textkonstanten nicht den benötigten Text enthielt, sondern nur eine eindeutige NummerID; also z.B. statt „Personalkosten“ einfach „P01“. Die Funktion des Programms wurde getestet, die Textzeilen auf dem Ausdruck waren zwar etwas unüblich aber alles andere zufriedenstellend. Jetzt wurde nur noch eine Tabelle für jede Sprache mit den Texten benötigt. Ich erstellte noch hurtig ein entsprechendes Formular um die übersetzten Texte einzusetzen. Zum Glück waren mir 2 Junior-Programmierer zugeteilt. Die konnten diese Formulare entsprechend den Angaben der Geschäftsleitung ausfüllen. Beim Erstellen des BAB’s konnte nun der gewünschte Sprachcode eingegeben werden, natürlich mit einer Vorlaufkarte. Die entsprechende Texttabelle (auch auf Karten) wurde eingelesen und das Programm musste während der Verarbeitung die richtigen Titel gemäss NummerID zuteilen. Mein Chef und die Abteilungsleiter waren mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Nur ein paar Monate nach der Einführung der BAB-Applikation stellte sich heraus, dass unbedingt noch eine Version in Portugiesischer Sprache benötigt wurde. Zum Erstaunen aller konnte dies bereits einen Tag später geliefert werden, denn es mussten einfach die Formulare mit der Übersetzung ausgefüllt und gelocht werden. Mit der von mir entwickelten Methode war das Erstellen eines neuen Programmes nicht mehr nötig. Ich weiss nicht, in wie vielen Sprachen der BAB später noch erstellt worden ist, denn ich verliess den Betrieb bald danach.
Vorausschauen ist meist besser
als später mehr Zeit aufzuwenden.