Das war aber ein ganz grosser Flop
Der Beruf als Informatiker führte mich in die verschiedensten Betriebe und bescherte mir die unvorstellbarsten Aufgaben. So war ich in den Jahren 1986 bis 1989 bei einer Bank beschäftigt. Meine Hauptaufgabe bestand in der Betreuung der Programme für die Geldautomaten, die in allen im ganzen Kanton verteilten Filialen aufgestellt waren und mit dem Grossrechner im Hauptsitz in der Stadt Tag und Nacht onlinemässig verbunden waren. Mit einer Bancomaten-Karten konnte man Bargeldbezüge machen und jederzeit den Kontostand abrufen.
Ein Geldautomat, Geldausgabeautomat, auch Bankautomat, Bankomat oder Bancomat genannt, ist ein technisches Gerät zur Bargeldabhebung in Selbstbedienung bei Geld- und Kreditinstituten vom eigenen Giro- oder Kreditkartenkonto. Mittlerweile kann bei vielen Automaten auch eingezahlt werden, und bei einigen davon ist das auch in Fremdwährungen möglich.
Sehr interessant ist die Tatsache, dass der Geldausgabeautomat – noch vor dem PC – das erste Computerterminal war, das breiten Bevölkerungsschichten weltweit zugänglich gemacht worden ist.
Die erste Generation der Bankautomaten wurde im Dezember 1972 in Großbritannien ein CIT (Cash Issuing Terminal) bei der Lloyds Bank aufgestellt, welches als Urvater moderner Geldautomaten gelten kann. Die Automaten waren bereits mit dem Konto online vernetzt. Unter der sogenannten ersten Generation – in größeren Stückzahlen gefertigten Automaten – werden meistens Geldautomaten des Herstellers IBM verstanden. Diese basierten noch nicht auf einem PC, sondern auf einer IBM-3624 mit IBM-Firmware und IBM-Prozessor. Anstelle eines Monitors wurde ein zweizeiliges Display unter einem Sehschlitz eingesetzt. Diese waren noch bis Mitte der 1990er-Jahre in einigen Banken anzutreffen.
Bei unseren Stationen waren die primären Funktions-Anweisungen sowie alle Kontonummern auf einer 8-Inches Floppy-Diskette gespeichert.
Die unten aufgeführte technische Beschreibung ist wichtig, damit man das Desaster, das mich eines Tages überfiel, auch verstehen kann.
Eine Diskette ist ein magnetischer Datenträger. Dessen Grundbestandteil besteht aus einer dünnen, biegsamen Kunststoffscheibe. Diese Scheibe ist mit einem magnetisierbaren Material, meistens Eisenoxid, beschichtet, dessen Speicherprinzip dem der Festplatte ähnelt. Anfangs nur von einer quadratischen Papphülle mit Lesefenster umschlossen ist ein 3,5″ Datenträger von einem festen rechteckigen Kunststoffgehäuse mit Fensterverschluss besser geschützt. Die englische Bezeichnung „floppy disk“ oder kurz „Floppy“, (was ungefähr mit „wabbelige Scheibe“ ins Deutsche zu übertragen wäre), beruht auf der flexiblen Eigenschaft des Speichermediums im Gegensatz zur hard disk („feste Scheibe“) eines Festplattenlaufwerkes.
Im Unterschied zur Festplatte schleift der Magnetkopf (Schreib-Lese-Kopf) bei einer Diskette direkt auf der beschichteten magnetisierbaren Oberfläche, was mit der Zeit zu deutlichem Abrieb führt und die dauerhafte Verwendbarkeit von diesen Disketten stark einschränkt. Außerdem schleift auch die Magnetscheibe direkt an der umgebenden, fest im Laufwerk liegenden Hülle. Daher wird diese Hülle auf der Innenseite mit Teflon-Beschichtetem (oder ähnlichem) Gewebe ausgestattet, um die Reibung zu minimieren.
Da stand doch eines Morgens, noch bevor ich meine Arbeit beginnen konnte, der Operator vor meinem Pult mit etwas in der Hand, das er mir unbedingt zeigen wollte. Zuerst konnte ich es gar nicht richtig erkennen, denn in meiner Arbeitswelt waren das Terminal auf dem Pult für die Kommunikation mit dem IBM Grossrechner und beigenweise Papierstösse in der Form von Dumps und Programmlisten vorhanden. Aber was der Operator mir jetzt zeigte war ein schwarzes 8-Inches Floppy, das einen ganz komischen halbdurchsichtigen Streifen enthielt.
Wie konnte es dazu kommen? Wir durchdachten zusammen die Funktion der Diskette im Bankautomaten und kamen zu folgendem Schluss: Für einen Geldbezug oder auch eine Abfrage des Kontostandes musste der Schreib-Lesekopf immer an der gleichen Position den Beginn des Programms lesen. Dazu kam, dass der Einstieg für die Suche der Kontonummern immer im gleichen Sektor erfolgte. So wurde das weiche Plastikmaterial nach jahrelangem Gebrauch zerkratzt, bis der Automat nicht mehr funktionieren konnte.
Zum Glück wurden die Daten bei allen Standorten der Bankautomaten auf eine zusätzliche Floppy-Diskette gesichert. So musste nur die Sicherungsdiskette eingelegt werden und nach kurzem Unterbruch konnten die Bankkunden auch an diesem Automaten wieder Geld beziehen. Hoffentlich dachte der Operator auch an das Erstellen einer neuen Sicherungsdiskette.
Floppy-Disketten sind eigentlich ganz hart im Nehmen,
aber für diesen einseitigen Gebrauch einfach ein Flop!