Eine ganz einfache Sicherungseinrichtung
Folgender Bericht über den Schreibring ist eigentlich eine ganz banale, aber für mich sehr eindrucksvolle Geschichte.
Ein Schreibring ist ein Kunststoffring mit zirka 11 cm Durchmesser, der bei Magnetbändern (Halbzollbänder) das versehentliche Überschreiben des Bandes verhindert. Das Band ist auf dem Bandgerät nur beschreibbar, wenn der Schreibring in die Spule des Bandes eingelegt ist. Der Schreibring befindet sich auf der Rückseite der Spule, weshalb das Band zum Einsetzen/Entfernen des Schreibringes vom Bandgerät weggenommen werden muss.
Bei der Patentanmeldung im Jahr 1976 ist folgende Funktionsbeschreibung vorhanden: „Bei herausgenommenem Schreibring sind die auf Magnetband gespeicherten Daten wirksam gegen Löschen, Überschreiben, sowie Einwirkungen bei Netzausfall und Ein- und Ausschalten der Gerätestromversorgung infolge eines Gerätefehlers oder manueller Eingriffe während des Betriebes gesichert.“
So wie ich mir das vorstelle, ist der eigentliche Erfinder des Schreibrings nicht bekannt. Ich denke, dass ein Operator eines Tages oder noch wahrscheinlicher eines nachts eine zündende Idee hatte, um das Überschreiben von wichtigen Daten zu verhindern. Denn das war ja das Tolle an den Magnetbändern. Sie konnten wieder verwendet werden im Gegensatz zu den Lochkarten. Waren die gespeicherten Daten nicht mehr aktuell und somit zu nichts mehr nützlich, musste man die Karten vernichten, so wie das beschriebene Papier, das zu Altpapier wird. Besonders war dabei zu beachten, dass die Informationen nicht für jedermann zugänglich sein sollten. Also musste das Papier in den Aktenvernichter. Lochkarten konnten irgendwie zerschnitten oder mit Nonsens-Daten „überstanzt“ werden. Nachher ging alles zum Papier- Recycling.
Für die richtige Handhabung des Löschens der Daten war damals der Operator zuständig. In der heutigen Zeit wählt man einfach das Symbol des Papierkorbes. Für den Rest ist das Betriebssystem verantwortlich.
Das Verwalten der Bänder war gar nicht so einfach. Denn von Aussen sieht man ja nicht, was da drauf war. Also galt es eine genaue Ordnung in den Magnetband-Schränken zu haben.
Da waren
- fabrikneue Bänder für jeglichen Gebrauch
- beschriebene Bänder zum wieder verwenden
- beschriebene Bänder mit Informationen als Applikationsdaten
- beschriebene Bänder mit Sicherungsdaten
- beschriebene Bänder mit geheimen Daten zum Löschen
Sobald Daten auf ein Band geschrieben wurden, musste der Operator nach dem Ausspannen des Bandes den Schreibring entfernen und ganz wichtig, die Etikette richtig beschreiben mit Angaben von Applikation, Inhalt und Erstelldatum. Eigentlich genau wie eine Hausfrau ihre eingemachten Früchte oder Konfitürengläser anschreibt.
Bei jeder Applikation, die ein Band verlangte, musste der Operator wissen ob es für die Eingabe von Daten oder für die Ausgabe von Daten oder sogar für Ein- und Ausgabe benötigt wird. Also das richtige Tape, welches ohne Schreibring sein muss, für den Input suchen und/oder für den Output ein leeres oder ein neues rsp. überschreibbares Tape mit Schreibring nehmen.
Erst heute beim Notieren des ganzen Ablaufes mit den Tapes wird mir folgende Tatsache bewusst. Die Hierarchie der Informatikberufe war damals eigentlich falsch. Für alle waren die Stufen ganz klar, ohne auf Papier geschrieben zu sein.
- EDV-Chef
- Systemprogrammierer
- Applikationsentwickler
- Operator
- Locherin / Datatypistin (diese Berufe wurden nur von Frauen ausgeübt)
In Wirklichkeit müsste der Operator an oberster Stelle stehen, denn auf ihm lastete die ganze Verantwortung der Datenverwaltung und Datensicherheit.
Ohne saubere Datenverwaltung sind Störungen gewiss,
da kann das beste System nichts dazu beitragen.